Aus der Vergangenheit der Bibliothek ...
Bereits 1898 stellte der Volksbildungsverein mit Sitz an der Hohen Brücke eine Sammlung von Büchern zur Ausleihe an die Bürger gegen eine geringe Gebühr zur Verfügung. Daraus entwickelte sich durch Geld- und Buchspenden eine kleine Volksbücherei, die von den ärmeren, aber wissbegierigen Bürgern (auch vielen Kindern) gern genutzt wurde. Untergebracht wurde sie im Rathaus und betreut von einem Angestellten. Nachdem sich der Bestand stetig erhöht hatte, zogen die Bücher in einen separaten Raum in der Probstei (dem heutigen Danneil-Museum) um.
1945: Nach der radikalen Säuberung von faschistischer und militaristischer Literatur nach Kriegsende blieben noch etwa 2.000 Bücher übrig, die in einem beklagenswerten Zustand waren und kaum Leser anzogen.
1956, mit dem Wegfall der Lebensmittelkarten, wurde im Rathaus ein Raum frei, in dem fortan die Bibliothek untergebracht war. Zum 10. Jahrestag der DDR (1959) zog die Bibliothek die stolze Bilanz von 1.800 eingetragenen Lesern, die 35.000 mal Bücher entliehen hatten. Damals gab es noch die "Thekenausleihe", das heißt für jeden Buchwunsch ging die Mitarbeiterin allein zu den Regalen und holte die entsprechenden Bücher an die Ausleihtheke, wo der Leser entschied, ob er das Buch ausleihen wollte.
Erst Mitte der 60er Jahre stellte die Bibliothek sich auf die sogenannte Freihand-Ausleihe um, bei der jeder Leser an die Regale gehen kann und das gewünschte Buch selbstständig herausnimmt.
Ende der 50er und Anfang der 60er Jahre erhielt entsprechend dem sozialistischen Bildungsauftrag jede Gemeinde eine eigene Bibliothek. Die Bibliothek der Kreisstadt wurde zur Stadt- und Kreisbibliothek umstrukturiert und bekam den Auftrag, diese kleinen Einrichtungen mit Literatur zu versorgen und anzuleiten.
In den 80er Jahren war die Stadt- und Kreisbibliothek Salzwedel zu einer leistungsfähigen Bibliothek mit überregionalen Aufgaben herangewachsen. Leider war die räumliche Situation nicht vorteilhaft - die Bibliothek war auf drei Standorte verteilt: für die Erwachsenen befand sie sich weiterhin im Raum 13 des Rathauses. Die Bibliothek für Kinder war im Pionierhaus an der Straße der Jugend untergebracht. In der Burgstraße Nr. 2 befand sich die Verwaltung der Bibliothek zusammen mit dem Bücher-Depot der Kreisbibliothek und einer neuentstandenen Phonothek, das hieß damals Schallplattenausleihe. Die Suche nach einem geeigneten gemeinsamen Haus begann. Zur Diskussion standen die ehemalige Loge in der Neuperverstraße und später die Gaststätte "Haus der Werktätigen", ebenfalls in der Neuperverstraße.
Dann kam das Jahr 1989/90. Der Gedanke an ein neues Haus wurde erst einmal auf Eis gelegt. Alle Häuser waren auf einmal mit Rückforderungen belegt. Die Suche nach einem geeigneten Gebäude ging weiter. So kamen zum Beispiel das alte Brauereigebäude in der Mühlenstraße, das Haus Burgstraße 4, die Loge und späteres Bekleidungswerk Mäcki, das Haus in der Radestraße und auch die Villa vor dem Neuperver Tor 2 in Frage.
Die Freydanck'sche Villa, die bis 1989 als Kinderkrippe gedient hatte, war für einen Um- und Ausbau geschlossen worden, der Bau 1989 sofort gestoppt. Es stand leer. Bereits 1992 wurde im Stadtrat über dieses Haus debattiert, es war Eigentum der Stadt. Die damalige Stadträtin Sabine Spangenberg schlug vor, dieses Haus als Bibliothek umzubauen und auch die Stadtverordnetenversammlung sprach sich dafür aus. Das Gebäude wurde unter Denkmalschutz gestellt und erste bautechnische Prüfungen vorgenommen. Die Denkmalpflegebehörde lehnte aber eine Nutzung als Bibliothek ab, wenn nicht die Statik der Decken und Böden den geforderten Werten angepasst würde. Daraufhin verlief die Planung für die Bibliothek in der Villa erst einmal im Sande.
Man prüfte hier man, prüfte da: aber jede andere Variante erwies sich als teurer oder ebenso teuer wie der Umbau der Villa. Und so wurde nach Einstellung eigener Mittel durch die Stadt und Beantragung von Fördermitteln im Land und der Klärung der denkmalrechtlichen Belange im Oktober 1994 die Baugenehmigung für den Umbau zur Stadt- und Kreisbibliothek erteilt.
Viel Arbeit, viel Geld, viel Kraft flossen in dieses Unternehmen. Anderthalb Jahre dauerte der Bau. Die ganze Bibliotheksarbeit, die sich inzwischen aus dem Rathaus zurückgezogen hatte und in einer Übergangslösung im Haus Burgstraße 4 befand, stellte sich auf das Baugeschehen ein. Heidi Urban, die damalige Leiterin der Bibliothek, beaufsichtigte unermüdlich die fortschreitenden Arbeiten. Ihr ist es zu einem Großteil zu verdanken, dass die wundervollen Details der Villa erhalten geblieben sind. Zum Beispiel eine Wandfläche der Küchenfliesen, die Türblätter, die Garnituren an den Fenstern, die vielen bleiverglasten blumigen Rundfenster und vieles mehr. Als sich das Baugeschen dem Ende neigte, zogen die neuen Bibliotheksmöbel ein und gleich darauf unsere Medien, sprich Bücher, MCs, CDs und Zeitschriften. Für die Mitarbeiterinnen war das eine sehr arbeitsintensive Zeit.
Sogar der Bücherbus, der seit 1993 die Gemeinden im westlichen Kreisgebiet mit Literatur versorgt, kann auf dem Gelände parken und neue Medien "tanken".
Als eine der ersten Bibliotheken in Sachsen-Anhalt wurde bei uns ein Computerprogramm für die Ausleihverbuchung der Medien eingesetzt.
Am 11. Mai 1996 fand die Eröffnungsveranstaltung mit viel Prominenz statt. Ca. 50.000 Medien standen in den Regalen, die vorher mit dem Computer erfasst worden waren. Auch die Daten der Bibliotheksbenutzer mussten erfasst werden und jeder Benutzer, der ein Buch mit nach Hause nehmen wollte, bekam eine Chipkarte, die die Daten aus dem Computer enthielt. Damals war das für jede der Frauen eine völlig neue Arbeit. Kaum eine hatte zu diesem Zeitpunkt bereits zu Hause einen Computer, an dem sie hätte üben können. Ein Sprung ins kalte Wasser. Heutzutage möchten wir die PC-gestützte Ausleihe nicht mehr missen.
Angenommen wurde die Bibliothek vom ersten Tag an. Die Ängste, dass die Verbindung von Medien für Erwachsene und Kinder in einem Haus zu Ärgernissen führen könnte, haben sich nicht bewahrheitet.
Mit den technischen Entwicklungen änderte sich natürlich auch das Angebot der Bibliothek. Die Medienauswahl erweiterte sich zunächst um Videos und CD-ROMs. Später kamen DVDs hinzu und lösten allmählich die Videos ab. In der heutigen Zeit finden sich in der Bibliothek auch Blu-rays und Konsolenspiele. Auch ein Internetarbeitsplatz steht den Nutzern zur Verfügung.
Im Jahr 2016 feiert die Bibliothek ihr 20-jähriges Jubiläum in der Freydanck'schen Villa.
Aus der Vergangenheit der Freydanck'schen Villa ...
Erbaut wurde die Villa im Jahr 1904 durch den Brauereibesitzer Hermann Freydanck, welcher von 1910 bis 1924 auch dort wohnte. Nach dessen Tod wurde die Villa verkauft.
1931 erwarb der Sohn, Dr. med. Walter Freydanck, das Haus zurück. Bis zu seinem Tod 1961 nutzte er die Villa nicht nur als Wohnhaus, sondern auch als Arztpraxis. Durch die Erben von Walter Freydanck wurde die Villa 1963 an den Kreis Salzwedel verkauft.
In den folgenden Jahren beherbergte das Haus ein Wochenheim für Kinder und später eine Tages-Kinderkrippe. 1979 ging das Haus zur Nutzung vom Kreis an die Stadt Salzwedel über.
1989 erhielt die Kinderkrippe die Baugenehmigung für einen Anbau. Kurze Zeit später wurde sie geschlossen. Wegen der politischen Wende wurden die Baumaßnahmen noch im selben Jahr gestoppt. Das Haus blieb leer.
1991 wurde das Gebäude unter Denkmalschutz gestellt. Im Oktober 1994 wurde nach vielen Vorschlägen, Anfragen und Beratungen endlich die Baugenehmigung zum Umbau zur Stadt- und Kreisbibliothek Salzwedel erteilt. Die Finanzierung teilten sich der Bund, das Land, der Landkreis und die Stadt.
Mit großem handwerklichen Fleiß und Können wurden die Räume für die spätere Nutzung ausgestaltet, Stilelemente liebevoll restauriert und detailgetreu hervorgehoben. Ein Fahrstuhl wurde installiert, um auch Menschen mit Behinderungen einen uneingeschränkten Zugang zu allen Etagen zu gewähren. Aus dem bis dahin ungenutzten Dachboden wurde ein großzügig gestalteter Veranstaltungsraum.
Am 11. Mai 1996 konnte die Bibliothek in der "Freydanck'schen Villa" eröffnet werden.